Wer noch vor einigen Jahren in der Fremde gefragt wurde woher er komme, nannte nicht Rotenburg oder Hersfeld als nächsten größeren Ort sondern Bebra. Die Eisenbahnerstadt war vielen Menschen in Deutschland ein Begriff. Denn durch Bebra kamen viele. Die Stadt war ein Eisenbahnknotenpunkt, in dem man umsteigen musste – von Ost nach West und von Nord nach Süd.
Einführungstrailer
Eisenbahngeschichte – unser Thema (Video)
1848 wurde Bebra an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen. Kurfürst Friedrich Wilhelm eröffnete in diesem Jahr die nach ihm benannte Nordbahn.
- Zum Knotenpunkt wurde Bebra erst als im Jahre 1866 Die Bebra-Hanauer-Eisenbahn über Elm eröffnet wurde.
- Nach Norden wurde 1875 die Bebra Friedländer Eisenbahn Richtung Göttingen in Betrieb genommen.
Der Sternensaal im Inselgebäude
- Es wurde umgebaut wegen dem vielen Andrang an Waren und Menschen, da der Bahnhof sehr gefragt war.
- Von 1875 bis zur Jahrhundertwende war der Bahnhof geprägt von Erweiterungen .
- Durch den Umbau gab es viele Arbeitsplätze, so zogen viele Leute nach Bebra. Bebra wurde zur Stadt und viele Menschen fanden hier Arbeit
- 1924 wurde der Vorbahnhof Bebra-U nach der ebenfalls neu errichtet großen Umladehallen. Die Stadt wuchs stetig mit der Bahn und hatte bereits um 1920, 5000 Einwohner.
- Das Wappen von Bebra zeigt den Wandel vom Dorf zum Eisenbahnknotenpunkt.Es ist seit 1930 das Wappen der Gemeinde.Bebra erhielt am 20.09.1935 die Stadtrechte von Phillip Prinz von Hessen.
- Am 4 Dezember 1944 gab es einen Bombenangriff, der dem Bahnhof galt aber die Stadt westlich des Bahnhofs traf.
- Es waren Tote und Verletzte zu beklagen. Der Bahnhof wurde kaum in Mitleidenschaft gezogen.
- Die Verkehrslage verlagerte sich nach der Gründung der DDR in die Nord-Süd Richtung.
- 1968 wurde der Rangierbahnhof grundlegend erweitert, wofür das Bahnbetriebswerk G weichen musste und komplett abgerissen wurde.
- Bereits ab 1965 wurde die Technik auf den modernsten Stand gebracht.
- Bereits 1980 erfuhr der Bahnhof Bebra drastische Kürzungen bei Dienststellen und Arbeitsplätzen.
Wie und wann wurde Bebra Eisenbahnknotenpunkt? (Video)
Bebra unter Volldampf … aber (Video)
Die Heizer auf den Dampfloks hatten körperliche Höchstleistungen zu verrichten. So galt es 9 Tonnen Kohle in das Feuerloch einer Lok der Baureihe 01/10 zu schippen auf einer Strecke von ca. 365 Kilometer.
Am Bahnhof Bebra gab es Wasserkräne, die den Durst der Dampfloks stillten. Gesammelt und von da aus weitergeleitet wurde das Wasser vom Wasserturm in Bebra, auch heute noch weithin sichtbar als ein Wahrzeichen der Stadt.
Die Bebraer Loks leisteten auch Schiebedienste. Sie zogen und schoben schwere Güter- und Reisezüge unter anderen den Cornberger Berg hinauf.
„Die DB verfolgte konsequent die Politik langer Lokdurchläufe, erstellte äußerst kilometerintensive Dienstpläne und mutete den Maschinen gnadenloser denn je die maximal möglichen Anhängelasten zu.“ (Konrad Kuschinski in „Eisenbahn Journal, Sonderheft 1 2014 Nord-Süd-Strecke).
Dabei galt das Bebraer Personal als „Elite“ unter den Bahnern. So schildert es auch Helmut Brehm, Heizer und später Reservelokführer beim BW Bebra: „Es gab gute und schlechte Heizer. Aber die Dreizylinderloks – die mussten alle gut laufen, die mussten vor den schweren Zügen auf der bergigen Nord-Süd-Strecke alle hart ran. Bebra war ja die Elite, das Leistungs-Bw der BD Kassel. Deshalb wurden die Bebraer Lokführer schneller befördert und besser bezahlt als die Kasseler. Auch wegen der zahlreichen Reisebüro Sonderzüge von Touropa, Scharnow und Hummel fielen viele Überstunden an.“ (in „Eisenbahn Journal, Sonderheft 1 2014 Nord-Süd-Strecke S.36)
Auch nach dem Abzug der Dampflokomotiven wahrte Bebra seinen Status als Vorzeige-BW. Hier waren nämlich als einziges Betriebswerk der Direktion die Elloks stationiert, zumindest bis 1974, als das BW Bebra der Bahndirektion Frankfurt zugeschlagen wurde.
Adam Tann berichtet aus seiner Zeit beim BW Bebra (Video)
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zunächst nahezu alle verfügbaren Dampflokomotiven dringend gebraucht. Erst Anfang der 50er Jahre entspannte sich die Situation. Da in den letzten Kriegstagen viele Lokomotiven nach Westdeutschland abgefahren wurden, konnte bald bei den Güterzugslokomotiven auf alte Baureihen verzichtet werden, da ausreichend viele Kriegslokomotiven der Baureihen 42 und 52 zur Verfügung standen. Zunächst behielten die Dampflokomotiven ihre alten Bezeichnungen aus der Reichsbahnzeit. Erst ab 1968 bekamen sie neue Computernummern, wobei viele Baureihen die Umstellung nicht mehr erlebten, da sie schon vorher ausgemustert wurden.
Aufteilung der Dampflok-Baureihen
(aus: „Eisenbahn Journal, Sonderheft 1 2014 Nord-Süd-Strecke S. 48/49).
Welche Anstrengungen Mensch und Maschine unterworfen waren zeigt auch ein Höhenprofil aus der Region:
Zwischen Hannover und Gemünden (Main) sind fünf Brechpunkte zu überwinden: in Eichenberg, am Cornberger Tunnel, in Götzenhof, am Betriebsbahnhof Distelrasen und in Sterbfritz. Bis zur Elektrifizierung der Strecke war das Nachschieben schwerer Züge Alltag. 1957/58 wurden durchschnittlich sieben Dampfloks für Schiebedienste vorgehalten
(aus: „Eisenbahn Journal, Sonderheft 1 2014 Nord-Süd-Strecke S. 33.
Lok und Schiebelok unterwegs am Hönebacher Tunnel
Der Wasserturm Bebra ist ein Wahrzeichen in der hessischen Stadt Bebra. DerWasserturm der Bauart Klönne wurde 1910 zur Versorgung des Eisenbahnbetriebs mit Brauchwasser nach Planungen der Preußischen Staatseisenbahnen fertiggestellt. (aus Wikipedia)
Der Wasserturm von Bebra ist heute ein Museum:
Das Museum im Bebraer Wasserturm (Video)
In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts fanden über 5000 Menschen Arbeit auf dem Bahnhof Bebra. Neben dem Lokführer als Traumberuf vieler Kinder konnte man unterschiedliche Berufe bei der Bahn erlernen.
Schon früh nannten die Schulkinder ihren Berufswunsch (Video)
Hier sind einige weitere Beispiele für Berufe auf dem Bahnhof Bebra:
Der Hemmschuhleger:
Welche Aufgaben hat der Hemmschuhleger? (Video)
Der Streckenläufer:
Welche Aufgaben hat der Streckenläufer? (Video)
In der Eisenbahnmeisterei werden kaputte Signale repariert:
Der Rangierer löst oder bildet Güterzüge:
Der Aufgleiser
Der Aufgleiser setzt entgleiste Züge wieder auf die Gleise. (Video)
Bebra als Eisenbahnknotenpunkt war natürlich eine Drehschiebe für sowohl den Nord-Süd als auch den Ost-West-Verkehr. Im Bahnverkehr hat eine Drehscheibe auch noch eine weitere Bedeutung:
Laut Wikipedia ist eine Drehscheibe eine Einrichtung zum horizontalen Drehen vonSchienenfahrzeugen, seltener von Straßenfahrzeugen. Dieser Vorgang wurde vor allem bei Dampflokomotiven mit Schlepptender durchgeführt, die nur in Vorwärtsrichtung mit ihrer Höchstgeschwindigkeit fahren können. Daneben werden Drehscheiben zum raumsparenden Umsetzen eines Fahrzeuges in benachbarte Gleise benutzt, beispielsweise, um sie in Lokschuppen unterzubringen.
Eine besondere Bauart ist die Segmentdrehscheibe. Bei ihr überstreicht der Brückenträger nur ein Segment des Kreises. Sie kann sich deswegen nicht vollständig drehen, ist also zum Wenden eines Fahrzeuges nur dann geeignet, wenn sie mindestens zu 180 Grad gedreht werden kann. Sie dient primär der platzsparenden Umsetzung von Fahrzeugen auf anschließende Gleise, mitunter bei geringerem Platzbedarf als bei Weichen. Eine solche Segmentdrehscheibe befindet sich zum Beispiel vor dem Ringlokschuppen in Bebra.
Prinzipskizze der Gelenkdrehscheibe
Sie hat eine maximale Traglast von 350 t und ist eine sogenannte Einheits-Gelenkdrehscheibe. Sie besteht aus zwei beweglich verbundenen Haupttragwerken, wodurch ein Wippen beim Auf- und Abfahren der Loks verhindert wird. Heute ist sie ein einzigartiges Technikdenkmal in unserer Region.
Die Bebraer Gelenkdrehscheibe 1991 im Einsatz (Video)
Die Lebensverhältnisse in Bebra und Umgegend änderten sich grundlegend.
Änderung der Lebensverhältnisse (Video)
Eisenbahner als „Feierabendbauern“
Eisenbahner erhielten vielfach von ihrem Dienstherrn auch ein Stück Dienstland zur Bewirtschaftung zugeteilt.
Das Dienstland des Eisenbahners (Video)
Aus dem gesamten Umland zogen Menschen nach Bebra und das nahe gelegene Weiterode, um Arbeit auf dem Bahnhof Bebra zu finden. Eine rege Bautätigkeit setzte dort ein.
Am Beispiel der Brühlstraße in Bebra-Weiterode – vor dem Zuzug von Eisenbahnern und dem Bau von Eigenheimen ein eher sumpfiger Wiesengrund – soll dargestellt werden, wie immer mehr Menschen sich in der Nähe des Bahnhofs niederließen. Sie fanden Arbeit bei der Bahn, die einen bescheidenen Wohlstand für die Bewohner schuf.
Die Brühlstraße in Weiterode, bevölkert von Eisenbahnern
Ein unrühmliches Kapitel für Bebra sind sicherlich die vom Bahnhof abgehenden Eisenbahntransporte von Juden in die Konzentrationslager.
Von Bebra fuhren die Waggons in die Vernichtungslager (Video)
Ein Zeitzeuge berichtet:
Bebra war jahrzehntelang Dreh- und Angelpunkt im Ost-West-Grenzverkehr.
Interzonenverkehr in Bebra (Video)
Der Aufschwung des armen Bauerndorfes zur blühenden Eisenbahnerstadt endete. Der Niedergang setzte bereits 1915 mit dem Bau der Berliner Kurve ein.
Die Berliner Kurve umgeht den Knotenpunkt Bebra (Video)
Die sogenannte ,,Berliner-Kurve“ wurde 1914 und gleichzeitig auch ein drittes Gleis vom Abzweigbauwerk ,,Fassdorf“ bis zum Hönebacher Tunnel in Betrieb genommen. Damit sollten die sogen. ,,Fliegenden Züge“, SVTs der Relation Frankfurt/M. –Berlin durch nicht mehr nötiges ,,Kopfmachen“ im Bahnhof und ohne Behinderung durch auf der Bergstrecke nach Hönebach langsam fahrende oder liegengebliebene Güterzüge Zeit einsparen und nicht behindert werden. (Quelle: Eisenbahnverein Bebra)
Die Grenzöffnung zur DDR bescherte der Bahn total überfüllte Züge, Sonderzüge wurden eingesetzt, die z.T. zu 500 Prozent überfüllt waren und aus Sicherheitsgründen nur noch mit 10 km/h und beidseitig Dieselloks gefahren wurden. Aus diesem Ereignis ergab sich dann der Ausbau der Strecke von Bebra bis Erfurt für Geschwindigkeiten bis 160 km/h. Im Mai 1995 wurde dann der elektrische Betrieb von Bebra nach Erfurt aufgenommen und gleichzeitig die ,,Berliner Kurve“ nach grundlegender Sanierung reaktiviert – auch elektrisch. Dadurch verlor der Bahnhof seine letzten IC-Halte, die bis dahin auf der Strecke Frankfurt/M. –Erfurt/Dresden in Bebra ,,Kopf gemacht“ hatten. (Quelle: Eisenbahnverein Bebra)
2 Antworten bis jetzt ↓
1 Peter Kehm // März 8, 2016 at 11:59
Prima Arbeit !!
Vieles war mir nicht bekannt.
Die 5000 Beschäftigten kann ich nicht nachvollziehen( Archivzahl : ca 4000 ).
Danke für die Bereicherung des Archivs der Stadt Bebra.
MfG Peter Kehm
2 Peter Kehm // März 8, 2016 at 12:02
siehe Kommentar 11:59
P. Kehm
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